Fachbereich Chirurgie

Universitätsklinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Thoraxchirurgie und Proktologie

 

Direktor Prof. Dr.med. Günther Winde

 

Medizinische Versorgung, Lehre und Wissenschaft sind durch Forschungsprojekte untrennbar verknüpft: Im operativen Bereich sollen unsere Forschungsprojekte die Sicherheit des Patienten stärken, bewährte Konzepte in der Chirurgie erweitern und diversifizieren helfen und durch molekularbiologische Forschung im Verbund mit der Grundlagenforschung der RUB und anderer Universitäten den Einsatz der Chirurgie präzisieren.

Es ist möglich die Klinik pauschal oder einzelne Projekte aus den nachfolgenden Beispielen gezielt zu unterstützen:

  1. Virtuelles Operieren: Gibt es geschlechts-spezifische Unterschiede im stereotaktischen Sehen? Welchen Einfluß hat eine Änderung der Lernaufgaben beim Training der minimal invasiven Chirurgie auf das stereotaktische Sehen ?

 

  1. Der LIMAX-Test und die Lebervolumetrie: Gezieltere Indikationsstellung zur Operation in der Leberchirurgie nach Chemotherapie oder bei Leberzirrhose: ist die Leberfunktion ausreichend für die Zeit nach der Operation? Ist die Leber so gut, wie sie scheint ?

 

  1. MTHR-Gen: In welchen Fällen ist die Operation bei Mastdarmkrebs nach neoadjuvanter Strahlen-Chemotherapie noch erforderlich und wer spricht auf diese Vorbehandlung überhaupt an: kann die Bestimmung einer Genmutation im Gewebe eine Vorauswahl treffen?

 

  1. Post-Chemoperfusionstherapie (HIPEC) bei Bauchfellkrebs: Läßt sich für die mit HIPEC-nicht-operablen Patienten durch Veränderung der Eindringtiefe von zytotoxischen Wirkstoffen (small molecules) doch noch eine Verbesserung der Lebenserwartung erreichen ?

Projekte:

Projekt virtuelles Operieren - sehen Frauen schlechter 3D ?

 

Die klassische Chirurgie hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert und mit ihr auch die Anforderungen für die Ausbildung junger Assistenzärzte.

Die zumeist am offenen Situs durchgeführte Viszeralchirurgie ist immer mehr zu laparoskopischen Operationsmethoden übergegangen. Dort sind nun ganz andere Fähigkeiten gefragt, wie ein räumliches Sehen und Vorstellungsvermögen, sowie Fingerfertigkeit. Daher sind immer mehr Laparoskopietrainer auf dem Markt um die Ausbildung der jungen Chirurgen zu verbessern.

Doch es stellt sich die Frage, ob ein einheitliches Lernprogramm auch auf alle Personen anwendbar ist.

Besonders Frauen wird unterstellt ein vermindertes räumliches Vorstellungvermögen zu besitzen. Hieße dieses im Umkehrschluss, dass Frauen ein ganz anderes Ausbildungsprogramm für eine erfolgreiche operative Karriere benötigten!?

Auch zeigten eigene Beobachtungen beim Training mit Studenten an Laparoskopietrainern erstaunliche Unterschiede in der Schnelligkeit im Erlernen der Fertigkeiten.

Eine stichprobenartige Befragung zeigte, dass besonders Personen mit einem hohen Gamingverhalten schnell die laparoskopischen Fähigkeiten erlernt haben.

Dies ließ uns die Hypothese aufstellen, dass ein hohes Gamingverhalten eine gute Grundlage für eine erfolgreiche chirurgische Karriere bietet und gegebenenfalls in der heutigen Zeit, in der Studenten mit Playstation und Nintendo aufgewachsen sind, eine große Rolle spielt.

Eine Studie am LapSim Trainer mit Probanden ohne Laparoskopieerfahrung soll zum einen zeigen, in wie weit das Gamingverhalten eine Rolle beim Erlernen von laparoskopischen Fähigkeiten spielt. Zum anderen soll untersucht werden, ob geschlechterspezifische Unterschiede im Lernerfolg vorliegen und ob ein geschlechterspezifisches Ausbildungskonzept erforderlich ist. Dazu werden geschlechtergetrennt verschiedene Gruppen von Probanden gebildet, die alle ein vorgegebenes software Modul absolvieren müssen. Die Messparameter können numerisch erfasst werden zum Vergleich zwischen den Gruppen, eine Anpassung des Tests an die Trainingssituation der Frauen ist möglich. Ziel wäre die Ausarbeitung spezieller Trainingskomponenten für die MIC-Ausbildung der Damen, sofern sich ein Unterschied nachweißen läßt.

 

Kosten für das Projekt entstehen durch die Probandenversicherung, Reisekosten zum Test und für eine studentische Hilfskraftstelle , ca. 35000 Euro

Projekt virtuelles Operieren
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Projekt Polymorphismus im MTHFR Gen und seine Rolle in der Prognose der neoadjuvant behandelten Rektumkarzinome (Mastdarmkrebs)

Das Kolorektale Karzinom (KRK) ist mit über 73.000 Neuerkrankungen und ca. 27.000 To­desfällen pro Jahr in Deutschland einer der häufigsten malignen Tumore. Die neoadjuvante (präoperative) Radio-und Chemotherapie ist im UICC-Stadium II und III der Rektumkarzi­nome (Mastdarmkrebs) laut S-3 Leitlinie indiziert.

Als neoadjuvante Behandlung wird eine Therapie bezeichnet, meistens Chemothera­pie und- oder Strahlentherapie, die zur Reduktion der Tumormasse vor einem ge­planten operativen Eingriff durchgeführt wird. Durch die neoadjuvante Therapie kann eine Verkleinerung des Tumors erreicht werden mit dem Erfolg, dass eine Tumorentfernung doch noch möglich wird oder dass eine Verbesserung des onkologischen Ergebnisses erzielt wird. Der größte Vorteil einer neoadjuvanten Therapie wäre eine komplette pathologische Remission (CPR), als Status des fehlenden Tumornachweises.  Eine CPR ist mit einer sehr geringen Lokalrezidivrate korreliert und zudem mit einem signifikant besseren metastasenfreies Gesamtüberleben.

Auch in unserem Patientenkollektiv zeigen sich einige Patienten (15 %), die nach der präoperativen Chemo-und Strahlentherapie, keinen Tumornachweis mehr hatten.

Eine Studie zeigt, dass die Veränderungen einer einzelnen Base (single nucleotide polypmor­phism, SNP) im Methylentetrahydrofolat-Reduktase (MHTFR) Gen an Position 677 das An­sprechen auf die neoadjuvante Radio-und Chemotherapie vorhersagen kann und das Risiko der tumorfreien Zeit abschätzt (Nikas et al. 2015). Der Nachweis dieser Mutation im Gen könnte somit die Frage beantworten, ob die Mutation mit dem Regressionsgrad korreliert.  Das kodieren­de Gen MTHFR wird vom Mensch in vielen Gewebetypen exprimiert und das Enzym ins Blut abgegeben.

Unabhängig davon werden die unterschiedlichen Mutationen im Bereich dieses Gens als ein Prognosefaktor für das tumorfreie Überleben bewertet. Diese Bestimmung der Mutation des MTHFR-Gens soll sowohl als ein Marker für das Therapieansprechen als auch als ein Prog­nosezeichen dienen.
In dem vorgeschlagenen Projekt konzentrieren wir uns zunächst auf folgende Punkte:

 

Aus der Patientengruppe des Darmzentrums der chirurgischen Universitätsklinik werden wir die Patienten mit neoadjuvant behandeltem Rektumkarzinom auf den MHTRF C667T SNP retrospektiv untersuchen.

Es werden aus unserer vorhandenen Datenbank die Patienten ausgesucht, die sich seit 2008 der neoadjuvanten Radio-und Chemotherapie unterzogen haben, und zur Blutentnahme einge­laden.Zur Bestimmung der Mutation reicht eine einfache Blutentnahme (EDTA- Röhrchen).Bei vielen Patienten kann die Entwicklung der Prognose auch jenseits der  5-Jahresüberlebenszeit-Grenze beurteilen.

Praktische Zielsetzung der Studie:

Durch die Bestimmung der Mutation im MTHFR-Gen könnte es möglich sein, die Einschätzung der Effektivität der sogenannten neoad­juvanten Radio-/Chemotherapie bei Rektumkarzinomen auf be­stimmte Patientenuntergruppen zu reduzieren.In einigen Fällen könnte es sich ergeben, dass die Indikationsstellung der leitliniengerechten neoadjuvanten Radio- und Chemotherapie über­flüssig ist, da sie nicht effektiv sein kann. Andererseits wäre auch denkbar, dass es zur Defini­tion einer Patientengruppe kommt, die derart positiv auf die neoadjuvante Radio- und Che­motherapie präoperativ anspricht, dass auf die eigentliche Operation als Folge der Vorbe­handlung verzichtet werden könnte.

 

Geschätzte Kosten der molekulargenetischen Untersuchungen ca.60000 Euro.

Projekt Polymorphismus im MTHFR Gen und seine Rolle in der Prognose der neoadjuvant behandelten Rektumkarzinome (Mastdarmkrebs)
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Projekt Peritonealkarzinose Therapieänderung

 

Die Bauchfellaussaat von Krebszellen  (Peritonealkarzinose) ist eine äußerst ungünstige Entwicklung im Rahmen einer Krebserkrankung. Krebszellen sind im Bauchraum verstreut und wachsen auf den Bauchorganen und auf dem Bauchfell, sie verursachen oft Flüssigkeit im Bauchraum und  auch Passagebehinderungen des Darms. Sofern diese Form der Metastasenbildung nur den Bauchraum betrifft und keine anderen sog. Fernmetastasen festgestellt wurden, dann ist für ca. 15-20 % dieser Patienten eine Sonderform der Operation mit zusätzlicher Chemotherapie während der Operation möglich, die sog. hypertherme intraperitoneale Chemoperfusionstherapie HIPEC. Die Überwärmung der Krebszellen während der Therapie im Bauch soll die Zellen empfindlicher machen für die Chemotherapie, die Operation verringert vorher die Krebsmasse.

Die Bewertung der Patienten, ob eine HIPEC möglich ist erfolgt für die Patienten in der Uni-Klinik für Chirurgie im Klinikum Herford. Ist ein Patient HIPEC-geeignet, so wird die Behandlung in der Charite in Berlin, unserem Kooperationspartner, durchgeführt. In vielen Fällen ist eine signifikante Verlängerung der Überlebenszeit erreichbar.

Was aber bleibt für die restlichen ca. 80 % der Patienten mit Peritonealkarzinose therapeutisch übrig: falls möglich gibt es die normale Chemotherapie und Antikörper-Therapie, die Prognose darunter ist jedoch sehr schlecht.
Wir sehen eine mögliche Therapieänderung für diese nicht-HIPEC-Patienten mit der Entwicklung einer Therapie im Bauchraum des Patienten, wobei die Endringtiefe des Medikaments vergrößert werden soll, so dass eventuelle auf die komplikationsträchtige Operation im Rahmen der HIPEC (zytoreduktive Chirurgie) verzichtet werden kann oder zumindest die Operation modifiziert wird.

Für diese Therapieentwicklung wird in jedem Fall ein Chemoperfusions-Pumpensystem beschafft werden müssen, die die Medikamente während der Operation in Narkose im Bauchraum umwälzt, so dass möglichst alle Bereiche des Bauchraums ausreichend mit der Flüssigkeit in Kontakt treten können.

Endpunkt der Studie ist die Verlängerung der Überlebenszeit und die Mitentwicklung eines Transportmediums für die Chemotherapie bei adäquater Lebensqualität.

Die Beschaffungskosten für das funktionfähiges Pumpensystem belaufen sich auf ca. 80000 Euro, ein Schlauchset kostet ca 1500 Euro. Es werden auch Kosten für die Studienversicherung entstehen und Kosten für die Ethikkommissionsarbeit.

 

Projekt Peritonealkarzinose Therapieänderung
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Projekt LIMAX-Test und Lebervolumetrie

 

Die Einschätzung der Leberfunktion erfolgt durch Bestimmung einfacher Laborparameter, klinisch durch Untersuchung des Patienten und mit bildgebenden Verfahren (CT, MRT, Ultraschall). Die Aussagekraft dieser Laborwerte und die Bestimmung von Einzelfaktoren der Blutgerinnung ist nach Leberteilentfernung nur von geringem Wert. Die aktuelle Leberleistung kann nicht bestimmt werden. Viele Leistungsparameter der Leber werden trotz vorbestehender Lebererkrankung lange von diesem Organ kompensiert (z.B. CHILD-A-Zirrhose).

Warum Leberfunktionstests so wichtig sind?

Die Häufigkeit von Leber- Tumoren ist ansteigend,  die chirurgische Therapie ist in den meisten Tumorfällen einziger kurativer Therapieansatz. Die vollständige Entfernung des Tumors ist das primäre Ziel der OP. Hohe chirurgische Radikalität ist daher verbunden mit einem niedrigen Restlebervolumen (Gefahr des postoperativen Leberversagens).

25% Restlebervolumen beim Lebergesunden sind ausreichend für die normalen Körperfunktionen. Aber was ist der Fall bei vorerkrankten Lebern wie z.B. bei chronischer Leberzirrhose, Leber-Fibrose und NASH oder NAFLD?

Eine Volumen-Funktionsplanung ist bei ausgedehnten Resektionen und/oder potentieller Vorschädigung der Leber essentiell. Die  Anpassung des Operationszeitpunktes (z.B. nach Chemotherapie) bzw. der Operationstaktik (PVE, ALPPS, parenchymsparende Resektion) bei kritischer Funktion des funktionellen Restlebervolumens ist durch den LiMAx-Test jederzeit objektivierbar. Durch verlässliche Volumen- und Funktionsplanung kann die Morbidität und Mortalität in der Leberchirurgie gesenkt werden.

Die Operationsplanung mit Hilfe der Volumetrie und des LiMAx-Tests ist bereits publiziert worden (Stockmann M, Lock JF, Malinowski M, et al. The LiMAx test: a new liver function test for predicting postoperative outcome in liver surgery. HPB (Oxford). 2010;12(2):139-46)

Der LIMAX-Test erlaubt zusammen mit der quantitativen Bestimmung des funktionellen Restlebervolumens und dessen Funktion vor leberchirurgischen Eingriffen die Einschätzung der perioperativen Mortalität und auch das postoperatives Monitoring der Erholung (Regeneration der Leber) wird dadurch möglich, ebenso das

Monitoring im Bereich der Intensivtherapie (Sepsis, akutes Leberversagen).

Ferner ermöglicht der LIMAX-Test das Follow-Up Monitoring von chronischen Lebererkrankungen unter einer Therapie,die Diagnose und Einteilung der alkoholbedingten vs.non-alcoholic Fettleber und die Dosis-Anpassung von Medikamenten z.B. bei Chemotherapien .

Der LIMAX-Test und die Lebervolumetrie macht Leber-Chirurgie sicherer und die gesamte Einschätzung der Leber vor belastenden Behandlungen kalkulierbar.

 

Die Anschaffung des LIMAX-Laborgeräts kostet 70000 Euro, ein einzelner LIMAX-Test kostet mit dem Verbrauchsmaterial ca. 300 Euro.

 

Projekt LIMAX-Test und Lebervolumetrie
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